Devin Townsend Project, Shining, Periphery – Chaos In The Skies Tour 2015, Matrix Bochum, 26.03.2015

Wie kann man das A vollends glücklich machen? Man, in diesem Falle die bezaubernde O, Erschafferin des weltbesten (ever!) Adventskalenders, schenke ihm ein Ticket für jenes chaotische Multitalent, welches er seit dessen Debüt schätzt, ja… doch… verehrt und musikalisch liebt und folglich bei jeder sich bietenden Gelegenheit lobpreisend an die Umwelt weiterempfiehlt: Ladies and gentlemen, Mr. Devin Townsend!!!

So bekam ich also in den Iden des März dieses Jahres erstmals die außerordentlich wunderprächtige Gelegenheit, diesen Menschen, ach was… diese fleischgewordene Wall of Sound im Rahmen seiner Chaos In The Skies-Tour 2015 in Bochum zu bewundern.

Mit solcher und eigentlich jeder Form von Bewunderung verhält es sich ja leider gemeinhin derart, dass man vor Enttäuschungen nicht gefeit ist… denn: so exorbitant wohlklingend sich jemand auch auf Polycarbonat anhören mag, so sehr stellt sich in der Erwartung der Live-Jungfernfahrt im gleichen Atemzuge die Frage, ob das so oft Gehörte und für „Effervescent!“ Befundene überhaupt ansatzweise artgerecht dargeboten werden kann. Wie meine Hoffnung auf ein ohrenschmeichelndes Devin Townsend-Happening kurzzeitig schwand… dazu komme ich später.

Doch zunächst will ich einige Worte zu den musikalischen Begleiterscheinungen der DTP-Europatour 2015 verlieren. Da wären zunächst die klanglich sperrigen, aber durchaus sympathischen Norweger von Shining zu erwähnen, die mit ihrem Stilmix aus derben Metalriffs, progressivem Rock und Jazzanleihen eine teils chaotische aber auch irgendwie unterhaltsame Show abzogen. Lediglich das sängerseitige Bemühen eines Saxophones zwecks Auswurf sehr freejazziger Tonfolgen hätte man sich erspart gewünscht. Da half auch der weise und leicht ironische Ratschlag eines Altjazzers, dessen Namen ich nicht memoriere, – ich zitiere: „Hör auf die Töne, die sie nicht spielen!“ -, überhaupt rein gar nichts. Unterm Strich bleibt: Blackjazz ist nicht meins!

Zweiter Akt… Periphery! Ich greife vor, da sich der Bandname gerade so bestens für ein lauwarmes Wortspiel anbietet: die Djenter aus Maryland tangierten mich an diesem Abend nur periphär. Mir will auch partout nicht mehr in den Sinn kommen, warum ich sie besser in Erinnerung hatte. So dachte ich, dass Sänger / Shouter Sotelo, der, by the way, mit einer stattlichen Langhaarperücke versehen noch viel mehr wie Conchita Wurst ausgesehen hätte, in etwa so klänge wie Chester Bennington. Tat er nicht… im Übrigen auch nicht wie ‚La Wurst‘.

Djent, oder nennen wir es extrem technischen Metal, geht für mich nicht mit Klargesang, auch nicht partiell, Punkt. Man stelle sich Meshuggah mit Frontfrau vor… gruselig!

Nun denn… das lang ersehnte und freudig erwartete Gespann: Brian Waddell, Dave Young, Ryan van Poederooyen und Mr. Devin Townsend himself. Gerne hätte ich auch noch die Präsenz der von mir ebenso höchstgeschätzten Anneke van Giersbergen genossen, tourte sie jedoch zeitgleich mit ihrem Projekt „The Gentle Storm“ und blieb der Matrix an diesem Abend somit leider fern.

„Truth“ macht den Auftakt und zu Beginn wird gleich Wahrheit verströmt… denn noch bevor der Sangesmeister aller Klassen auch nur einen einzigen Ton aus seiner Kehle befördert, und dies ist der Punkt, an dem meine Hoffnungen und Erwartungen auf ein vollumfänglich grandioses Klangspektakel einen kleinen dämpfenden Schlag erhielten, verkündet Onkel Devin amüsant-krächzig, dass seine Stimme seit ein paar Tagen merklich angeschlagen sei, und man ihm deshalb nachsehe, dass er sich (auch in Sachen Interaktion mit dem Publikum) heute Abend etwas in Zurückhaltung üben werde.

Doch schon nach dem folgenden Todesstrahl aus dem aktuellen „Z²“ und dem noch eine Spur zackigeren „Namaste“ aus Physicist-Tagen fragt man sich verwundert, was der gute Mann dort droben denn abzuliefern im Stande sei, so denn sein Organ vollends leistungsfähig wäre. Auch abseits des Stimmlichen ist der Klang für eine Örtlichkeit wie den engen Matrix-Tunnel doch recht satt, und das erschienene Volk scheint bereits jetzt ziemlich glücklich… meine Wenigkeit eingeschlossen. Erfreulich auch, dass die Setlist dieser Tour annähernd das gesamte Leistungsspektrum von Townsend und Gefolge widerspiegelt – so bin ich bereits beseelt, als der sympathische Kanadier mit „Night“ einen meiner langjährigen Ohrwürmer aus seinem 1997er Projekt „Ocean Machine: Biomech“ ankündigt.

Die Mischung scheint zu passen… ein „Storm“ zieht auf, die schleppend schwere Klangwand steht und die Stimme sitzt… everything in its right place!

Das hypnotisch groovende „Addicted!“ schlägt nun wieder den Bogen zum aktuellen Ziltoid-Zweitwerk – dazu wird die rotgolden illuminierte Gitarre umgeschnallt und zum „March of the Poozers“ aufgerufen. Man hört und stellt fest, dass auch die Songs des neuen Doppelalbums wunderbar live funktionieren, obschon einer sich stellenweise doch die Anwesenheit der (mittlerweile Langzeitbegleitung) Anneke van G. herbeisehnt, damit die vollkommene Pracht der Stücke zur Geltung kommen möge.

Doch unterhalten wird man an diesem Abend auch so prächtig – sei es durch kurzweiliges und humoriges Geplapper oder etwa der Aufforderung des Zeremonienmeisters, beim „Lucky Animals“-Refrain zum kollektiven Kasperletheater auszubrechen. Und so reißt die Hände nach oben, was nicht ohnehin schon seit Beginn eine Ziltoid-Handpuppe schwenkt und lässt sich auf dieses kleine Bisschen Kindergeburtstag ein.

Es folgen zwei weitere Zeitreisen in die ersten Jahre der Diskographie, insbesondere bei „Life“ öffnen sich Herz und Mund nochmal in besonderem Maße, um schließlich mit dem träumerischen „Ih!-Ah!“ zum definitiv schönsten Augenblick des Abends zu gelangen.

Da Mr. T. bereits zuvor ankündigte, dass er für das übliche „Künstler verabschiedet sich von der Bühne / Publikum skandiert „Zugabe!“ / Künstler marschiert folgsam wieder zurück“-Spiel nichts übrig hat, bildet das majestätische „Kingdom“ den krönenden Abschluss. Und auch hier weiß der Mann, der so gut wie jede Stimmlage im Schlaf zu beherrschen scheint, wieder vollends zu überzeugen.

Zudem habe ich selten einen solch dankbaren und sympathischen Professionellen erlebt, der sich nach Ablegen des Instruments noch etwa fünf Minuten lang Zeit nimmt, erschöpft, aber zufrieden und ein authentisches und erhellendes Lächeln im Gesicht tragend, der gesamten ersten Reihe die Hände zu schütteln. Ein feiner Kerl!

Ich resümiere folglich, dass dieses Weihnachtspräsent im Vorfrühling zum Allerfeinsten gehört, was man dem A zuteilwerden lassen kann! Danke O, danke Dev! See you again someday!!!

Setlist Devin Townsend Project

1. Truth
2. Deathray
3. Namaste
4. Night
5. Storm
6. Hyperdrive!
7. Rejoice
8. Addicted!
9. March Of The Poozers
10. A New Reign
11. Lucky Animals
12. Life
13. Christeen
14. Ih-Ah!
15. Kingdom

[hupso]

 

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