Interview: SABATON backstage: Lächelnd in die Schlacht

Sabaton Interview Backstage Osnabrück

Noch in Metal Mirror Ausgabe #67 sorgten widrige Umstände, wie etwa miserable Telefonleitungen, dafür, dass SABATON uns einige Antworten, z.B. zum brisanten Thema Personalwechsel, schuldig blieben. Da wir uns so leicht nicht geschlagen geben, habe ich die Schweden auf ihrer Tour für ein Backstage-Interview getroffen, bei dem es diesmal kein Entkommen gab!

Der Hydepark in Osnabrück ist am heutigen 10. September in warmes Sonnenlicht gebettet. Das bevorstehende Sabaton-Interview an diesem Nachmittag steht also zumindest wettertechnisch unter einem guten Stern. Der Tour-Manager ist schnell gefunden und zaubert innerhalb weniger Sekunden Bassist Pär und den neuen Drummer Robban aus dem Hut, die gut gelaunt und in Shorts gekleidet gerade den Soundcheck beendet haben. „Lass uns rausgehen bei dem schönen Wetter, hier drin ist es ohnehin stickig“ schlägt Bandchef Sundström vor. Davon, dass das Label für diesen Montag ein Roundtable-Interview, an dem auch Supportact Eluveitie teilnehmen sollte, geplant hat, weiß hier niemand etwas. Die Schweizer sind gerade ihrerseits beim Soundcheck. „Ich kümmere mich drum“, versichert der Tourmanager, „fangt ihr doch einfach schon mal an.“ Gesagt getan, und so steht Pär im mannshoch umzäunten (Bier-)Garten freundlich Rede und Antwort, während Robban mit seinen Drumsticks unentwegt ein imaginäres Schlagzeug bearbeitet. Unangenehme Fragen scheinen dem sympathischen Bandchef fremd, weswegen selbst der erst wenige Monate  zurückliegende Abgang gleich vierer Kollegen mit einem, stets ehrlichen, Lächeln ausgiebig besprochen wird. „Wenn eine Band stetig wächst, so wie es bei uns der Fall ist, kommt irgendwann der Punkt wo die persönlichen Interessen und Ziele divergieren. Sicherlich hatte jeder der vier seine eigenen Gründe Sabaton zu verlassen, zusammenfassend kannst du es jedoch so formulieren: Joakim und ich wollten, dass Sabaton größer werden, noch mehr Shows spielen, während die anderen eher kürzer treten wollten. Deswegen war das ganze Gesplitte nur eine logische Konsequenz.“ Bis dahin durchaus nachvollziehbar, wäre da nicht eine Band namens Civil War. Die nämlich ist das neue Projekt der vier Abgänger, mit freundlicher Unterstützung des Astral Doors Fronters am Mikro. Kürzertreten sieht doch eigentlich anders aus, oder? „Niemand von ihnen hat behauptet,  Musik sei ihnen nicht mehr wichtig. Mit der neuen Band können die Jungs Privatleben und Tourstress unter einen Hut bringen, wie sie es bei uns nicht gekonnt haben. Wirf einen Blick auf unseren Tourkalender und du wirst dich wundern, dass ich das Wort Privatleben überhaupt noch kenne“ witzelt Pär ohne den geringsten Anflug von Wehmut. Er liebt was er tut und trauert nichts hinterher, was er womöglich durch den mehr als strammen Zeitplan seiner Band verpasst. „Darum lächle ich auch die ganze Zeit. Es gibt keinen Grund zu verbergen, wie viel Spaß ich an Sabaton und allem was dazu gehört habe!“

Heimlich, still und leise

Und auch die drei Neuzugänge sind hochmotiviert. Während die Fans zunächst, mit Recht, etwas ungehalten auf den personellen Umschwung innerhalb der Band reagierten, sind diejenigen unter ihnen, die Sabaton inzwischen in neuem Line-Up live sahen, vollends zufrieden. „Die Leute haben gemerkt, was auch Joakim und mir aufgefallen ist: Sabaton klingen jetzt noch besser! Und das war auch unser Ziel als wir uns auf die Suche nach neuen Kollegen begaben.“ Apropos, wo findet man eigentlich mal so eben drei neue Bandmitglieder auf einen Schlag? Während bei Robban durchaus die Teilnahme bei einem Airbanding-Contest in Betracht käme und sich im Kopf langsam aber sich die Frage einschleicht, ob er seine Drumsticks auch mit ins Bett nimmt, erklärt Pär wie es damals wirklich war: „Wir haben den Split recht spät bekannt gegeben, um den Release von „Carolus Rex“ nicht allzu sehr durcheinander zu bringen. Deswegen mussten wir quasi im Dunkeln suchen. Wir haben Freunde und Musikerkollegen gefragt, ob sie nicht jemanden kennen. So kamen wir an Chris und Thobbe. Robban hier hingegen wohnt bei uns in der Heimat, ihn kannten wir ewig und er ist auch schon mal mit uns aufgetreten als unser Drummer damals krankheitsbedingt ausfiel. Es gab also kein einziges Vorspielen.“ Einen Keyboarder hat man bisher noch nicht gefunden, allerdings suchen Sabaton aktuell auch nicht wirklich. „Genau jetzt fühlen wir uns als Einheit, es wäre schwer für den, der nun wieder neu hinzukommt. Mal sehen ob sich nach der Tour etwas ergibt. Momentan sehen wir keine Notwendigkeit. Es funktioniert auch so ganz prima.“ Inzwischen haben es sich Eluveitie übrigens an einer anderen Biergarnitur im Garten gemütlich gemacht, während kurze Zeit später der Sabaton-Tourmanager etwas ratlos mitteilt, dass die Schweizer nichts von einem Interview wüssten und ihren eigenen Zeitplan für diesen Tag hätten. Immerhin ist Zeit ein wichtiges Gut, das weiß auch Pär. Aus diesem Grund sitzt er auch eine Stunde nachdem der Rekorder, der das Interview aufgezeichnet hat, offiziell ausgeschaltet ist, mit mir  im Biergarten und plaudert mit stetem Lächeln über Gott und die Welt, nur weil ich keine Ahnung habe, wie ich die Zeit bis zum Konzertbeginn im schönen Osnabrück totschlagen soll. Man muss einfach Prioritäten setzen…

Nichts als die Wahrheit

Doch irgendwann muss auch der netteste Bandchef mal zu seinem Corps, schließlich rückt der abendliche Auftritt immer näher. Den Anfang jedoch machen erst einmal die ungarischen Powermetaller Wisdom, die bis dato tourtechnisch noch nicht weit über den Tellerrand ihrer Heimat hinausschauen durften. „Die klingen ein bisschen wie Hammerfall, nur besser“, waren einige Stunden zuvor Pärs Worte über die Kollegen, die nicht nur ihm bis vor kurzem völlig unbekannt waren. Und tatsächlich, die Ungarn haben durchaus Ähnlichkeit mit den schwedischen Riesen, klingen dennoch eigenständig und frisch, vor allem jedoch motiviert bis in die Haarspitzen. Wisdom empfehlen sich mit ihrem Auftritt und werden im Laufe der Swedish Empire Tour verdientermaßen einen Haufen neuer Fans dazugewinnen. Das Publikum jedenfalls feiert die größtenteils vom aktuellen Album „Judas“ stammenden Songs gehörig ab. Auch Eluveitie geben im Anschluss alles auf der Bühne. Obwohl das Gros der Zuschauer primär wegen Sabaton angereist ist, dürften sich auch die Schweizer mehr als willkommen fühlen, denn die Anwesenden im mehr als gut besuchten Hyde Park erweisen sich als außerordentlich textsicher. Auch bei Eluveitie liegt das Hauptaugenmerk der Setlist auf dem aktuellen Release, weswegen der Auftritt besonders für „Helvetios“ spricht. Bis dahin ein durchaus gelungener Abend, dessen Niveau die abschließenden Sabaton jedoch noch um einige Stufen anheben – denn die stehen nicht nur für Mitsing-Hymnen, sondern auch für gute Unterhaltung zwischen den Songs. Mehr als einmal brüllt die Masse an diesem Abend das mittlerweile zum Kult avancierte „Noch ein Bier!“ und nein, es ist nicht nur eines, was Sänger Joakim, auf Zeit versteht sich, ext. Ein weiteres Mal bewahrheiten sich die Worte von Bassist Pär: Die Band ist nach so kurzer Zeit schon eine Einheit, was auch das Publikum merkt. Keine Spur von Groll über die Weggegangenen, die Verbliebenen oder die Neuankömmlinge. Die Schweden sind gut gelaunt bis in die letzte Pore und das Lächeln weicht nicht eine Sekunde aus Pärs Gesicht. Nach diesem Auftritt weiß jeder hier: „Carolus Rex“ ist ein geiles Album und Sabaton geben jetzt erst Recht Gas!

Sabaton Official

Ebenfalls erschienen in Metal Mirror #70

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