Schottland 2014 – REISETAGEBUCH Teil 2: Die Anreise oder Willkommen in Frankfurt in der Pfalz

Die Tage und Wochen, die es zwangsläufig noch zu überwinden galt, bevor uns Edinburgh, die Metropole im Herzen Schottlands, mit hoffentlich offenen Armen und wohlklingenden Dudelsäcken einen ganz und gar standesgemäßen Empfang bereiten würde, vergingen selbstverständlich nicht wie im Fluge. Stattdessen erschien einem – ein grundsätzliches Problem, wenn man sich über alle Maßen auf ein bestimmtes, bevorstehendes Ereignis freut – die werktägliche Arbeit kräftezehrender, langwieriger und ungeliebter als gewöhnlich, und die Zeit bis zum gelobten Land namens Urlaub, welches den Kalender erwartungsvoll und ungeduldig in kapitalen Lettern zierte, zog sich wie zäher Morast im regengepeinigten Sumpfland – Autosuggestion sei Dank.

Doch auf die eine oder andere Weise findet jedes Herzeleid im Leben ein Ende. Zugegeben, es gibt durchaus die extrem unschöne Variante, bei welcher man Pech hat und sich im Folgenden noch viel gröberem Unheil gegenüberstehen sieht. Hat man allerdings Glück, dann wird einem schließlich die, während eines beschwerlichen Äons sekündlich herbeigesehnte, Erlösung zuteil. Erfreulicherweise sind der A und die O, immerhin episodenweise, von Fortuna höchst selbst geküsste Kinder und demgemäß kam er denn schließlich, der Termin, nach welchem es uns unzählige Wochen und Monate so sehr dürstete: Der 18. September 2014, seines Zeichens unser Abreisetag nach Schottland – ‚S màth sin!

Bereit, wenn Sie es sind, wertes Schottland

Für unsere Verhältnisse waren wir erstaunlichst gut vorbereitet an diesem Morgen. Zwar würde ich rückblickend betrachtet nicht noch einmal erst am Vorabend des Fluges die Tickets ausdrucken wollen, um dann festzustellen, dass die Patrone des vermaledeiten Gerätes bis auf den letzten Tropfen verbraucht ist, doch abgesehen von diesem einen, vermeidbaren Fauxpas bleibe ich dabei: Disponibler als wir es waren, konnte man gar nicht sein. Das akribisch Ryanair-kompatibilisierte Reisegepäck stand bereit. Jack & Bruce reisefertigZwar erwiesen sich beide Reisetaschen als derart voll, so dass kaum mehr ein Reißverschluss ohne Androhung von Gewalt seinen Dienst ableisten wollte, gleichwohl hatten wir bis zu den gebuchten 20 Kilogramm noch einiges an Spielraum, was sowohl die fest eingeplante Aufstockung unseres Sandstrandsand-Sammelsuriums als auch die Akquisition einiger unverzichtbarer Souvenirs (zu diesem Zeitpunkt noch vager Gestalt) für die Rückreise gewährleisten sollte. Auch das Handgepäck (maximal 55 x 40 x 20 cm, jawohl) in Form zweier Rucksäcke ward vollends ausgeschöpft, was zum einen am von uns sehr gut gemeinten, später vom Flughafenpersonal jedoch schonungslos konfiszierten, Pepsi-Vorrat lag, zum anderen wollten auch unsere beiden blinden Passagiere und tierischen Begleiter adäquat untergebracht werden. Ein letzter Check vor der Fahrt in die hessische Katzenpension „Zur drakonischen Großmutter“, welche den launischen Lausekater Gimli während unserer einwöchigen Abstinenz gar königlich beherbergen sollte, ergab: Ja, wir haben an alles gedacht und es kann endlich losgehen. Ich darf an dieser Stelle ausnahmsweise einmal vorweggreifen und sagen: Es gab tatsächlich nichts, dessen Fehlen uns erst, als es zu spät war, schmerzhaft auffiel – und für das Einhorn war es in den heimischen Gemächern ohnehin viel sicherer.

Frankfurt in der Pfalz

Begleitet von steten Miau-Protestrufen erreichten wir schließlich mit unserem Automobil das idyllische Marburger Land, wo, nebst einem üppigen Mittagessen, auch bereits der väterliche Flughafen-Shuttle auf uns wartete. Nach mehr oder minder tränenreichem Abschied von Tier und Mensch und einigen letzten mahnenden Flugzeugabsturz-Geschichten seitens der Omi (was sich übrigens als unwahrscheinlich hilfreich und beruhigend vor meiner aeroischen Jungfernfahrt erwies), wurde es ernst: Frankfurt-Hahn, wir kommen! Hätte mein kleiner, fürwitziger Bruder gewusst, was dem Anti und der Omni bei ihrer pedantischen Urlaubsplanung verborgen geblieben war – er hätte uns in seiner Funktion als äußerst vehementer PKW-Langstrecken-Verweigerer nicht begleitet, um seinen, wie auch meinen, ersten Silbervogel aus der Nähe zu sehen. Zugegeben, wir hatten uns beim Entfernungscheck via Online-Routenplanung schon ein wenig gewundert, wieso man zu unserem Zielairport so viel länger brauchte als zum FRA der deutschen Bankenmetropole, schoben es jedoch auf etwaige Bundes- und Nebenstraßen. Drei Stunden, gefühlte zwölf Autobahn-Wechsel und ein inzwischen recht quängeliges, weil gelangweiltes Geschwister später, wussten wir warum: Der einstige US-Militär-Flughafen liegt nicht etwa in Hessen, sondern im zweifelsohne wunderschönen, jedoch entschieden zu weit entfernten Rheinland-Pfalz. Nun, man muss kein Marktforschungsexperte sein, um „Frankfurt-Hahn“ werbewirksamer als „Lautzenhausen-Hahn“ einzustufen, dennoch dürfte es in solchen Fällen von offizieller Seite aus meiner Meinung nach ruhig etwas geografisch- und realitätsnäher zugehen.

Über den Wolken

Jack über den Wolken nach SchottlandDoch wozu sich an dieser Stelle grämen, dazu bekämen wir sicher bei der Rückreise noch genügend Gelegenheit. Jetzt hatten wir zum Ausklang einer unerhört langen Periode des Wartens endlich unser Ziel gefühlt sichtbar vor Augen und würden in wenigen Augenblicken nach Schottland fliegen, hooray! Außerdem stellte sich der überschaubar große Airport für eine Luftfahrt-Debütantin wie mich als außerordentlich angenehm dar – möglich, dass die freudige Aufregung gepaart mit allerlei mental durchlebten Endzeit-Szenarien und Horrorvisionen sich mit einem höheren Menschenaufkommen doch noch in einer ausgewachsenen Panik manifestiert hätte. So jedoch bewahrte die ohnehin stets sehr kultivierte und vornehme O die von ihr zu erwartende Contenance, und durchlief gemeinsam mit dem in Sachen Aeronautik sehr viel versierteren A offenmundig staunend sowie frohgemut zitternd das Check-In-Prozedere, bis auf erwähnten Genussmittelverlust, ohne jegliches Beschwernis. Gentleman, wie ihr Anti einer zu sein pflegt, durfte sie den Fensterplatz unserer beider reservierten Plätze einnehmen und bei allerbestem Wetter der Dinge harren, die da kamen. Das Abheben der Boeing ward wider Erwartungen alles andere als unangenehm – vielmehr stellte sich, besonders mit Blick aus dem Fenster auf die immer kleiner werdenden Welt dort unten ein ganz besonderes Gefühl ein: Grenzenlose Freiheit. Die Anmut der Wolken aus der Vogelperspektive beeindruckte mich über alle Maßen – wie der A anzumerken wusste, hat nicht jeder Passagier bei seiner Premierenvorstellung das Privileg, eine derart vollkommene Aussicht zu genießen, wie sie uns Petrus sonnigen Gemütes an diesem Tage zuteilwerden ließ – und schnell waren Angst und Unwohlsein vollends der freudigen Ungeduld auf den bevorstehenden Aufenthalt in Schottland gewichen, dessen Schönheit bereits auf Fotografien über jeden Zweifel erhaben ist. Draußen wurde es langsam dunkel, und das Ziel kam unaufhaltsam näher – wie außerordentlich wunderbar…

[hupso]

 



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